PSV verdoppelt die Anzahl der Danträger auf dem Sommerlager des DAV
Vom 1. bis zum 6. August 2005 war die Modern Arnis Sparte des Polizeisportvereins wieder auf dem Internationalen Sommerlager des Deutschen Arnis Verbandes (DAV), um die Speicher weiter mit dem obskuren Wissen vieler Meister, Trainer und Lehrer zu füllen. Das zweijährlich stattfindende Sommerlager war dieses Jahr in Osterburg geplant, ein Ort im fernen Osten in der Nähe von Magdeburg und Berlin. Dort stand uns eine nagelneue und sehr moderne Landessportschule mit viel Platz unter freiem Himmel, einer großen Dreifach-Turnhalle, Judo- und Gymnastikraum, komfortablen Zimmern und vernünftiger Verpflegung zur Verfügung.
Von den fast 150 anwesenden Arnisadores aus Deutschland, Frankreich, Ungarn, Hong-Kong, Rußland, Israel und Bayern konnte Bremen einen Löwenanteil von 6 (sechs!) PSVlern ins Rennen schicken (auch wenn sich zwei davon des öfteren auf die Göttinger Gruppenfotos geschlichen haben). Den weiten Weg zum Camp konnten 5 davon ohne Mühen im Olafmobil überwinden, dessen Besitzer voll und ganz der erotischen Stimme von Lisa (dem GPS-Navigator) erlegen war. Nachdem wir uns alle auf dem weiträumigen Gelände wiedergefunden hatten, konnten wir erfolgreich excellente Zimmer in Beschlag nehmen und anfangen, uns den Kopf zu zerbrechen, welche der vielen Trainingseinheiten wir wohl belegen wollten. Jeden Tag waren meistens 5 Einheiten à 1:30h bei bis zu 6 verschiedenen Trainern angeboten: Die Verwirrung war komplett.
Ein Novum dieses 9. Sommerlagers (ja, der DAV geht auf seine Mitglieder ein) war, das wir tatsächlich einen Gasttrainer von den Philippinen importiert hatten. Grandmaster Rodel Dagooc (häufig falsch geschrieben, aber doch sehr eingängig) gab uns die Ehre seiner Anwesenheit und der freundlichen Bereitschaft uns mit Techniken und Bewegungsvariationen ungeahnter Güte zu überraschen. Der weißhaarige und mit 1.60m Höhe doch ganz übersichtliche Großmeister, Träger des Lakan Walo (8. Dan) und direkter Schüler Grandmaster Remy Presas', schaffte es, mit unwiderstehlicher Sympathie uns dazu zu bringen, bereits beim Welcome Training am ersten Tag zünftige Blasen an den Händen zu erwirbeln.
Trainingseinheiten beim Grandmaster Rodel Dagooc. Suchbild: Wo sind die PSVler? |
Ob des guten Wetters beflügelt stürzten wir uns erst aufs Abendbrot und dann auf die ersten Trainingseinheiten, einige zur Prüfungsvorbereitung, manche zu den normalen Themen unseres Programms und andere zu den obskursten Variationen und Geheimtechniken, die man sich nur vorstellen kann. Die Stimmung bei den Trainierenden war toll. Man traf alte Bekannte wieder, lernte neue Freunde kennen und hieb sich ab und zu auch mal aus Versehen auf die Finger. An weiteren Trainern standen uns neben dem Grandmaster zur Verfügung:
- Datu Dieter Knüttel, unser Bundestrainer, Lakan Pito (7. Dan)
- Sven Barchfeld, 1. Vorsitzender des DAV
- Hans Karrer, Klassikexperte mit schwanengleicher Bewegungsfertigkeit („in äächt!“), angereist aus dem fernen Ulm
- Peter Rutkowski, Dynamiker und Spezialist für Pratzenarbeit und Fesseltechniken
- Jørgen Gydesen, Meister von grossen und kleinen Hebeln und Würfen
- Alfred Plath, Arnis-Bauchladenbetreiber und Überbringer von obskurem Wissen aus fernen unbekannten Ländern
- und natürlich unser Zentrum norddeutscher Arnisaktivität, Helmut Meisel, Technik- und Theorieexperte mit extravaganter Didaktik.
Die Einheiten bestanden aus Themen wie Grundlagen in diversen klassischen Techniken (das sind die Techniken, bei denen man meist schneidenden und hackende Techniken durchführt, kombiniert mit raumgreifender Beinarbeit), Entwaffnungen, Kombinationen und Variationen von Sinawalis und Redondas (schnelle Schlag- und Wirbeldrills mit zwei Stöcken), Tapi Tapi, Pratzenarbeit und Verwendung von vielfältigen Techniken im Anwendungsfall mit Kombinationen und Bewegung. Die etwas ungewöhnlicheren Themen deckten ab: die Langstockanyo mit Fackeln, Bolo (philippinisches Kurzschwert), Dulo-Dulo (ein kurzer Gegenstand mit zwei spitzen Enden), Fesseltechniken mit Sarong und Schnürbändern, Dinkin (auch aus Rattan wie die Stöcke, aber in Ringform) und Travelwrench bzw. Kerambit (ein futuristisches Selbstverteidigungswerkzeug und eine Messerform). Auch für Theoretiker war mit Technikoptimierung und rein theoretischen Einheiten wie Öffentlichkeitsarbeit und Medienanalyse immer etwas dabei (gerade, wenn man sich ein bischen überanstrengt hat, konnte man hierbei gemütlich mitschreiben, die Blasen aufklappen und lüften oder den Kopf rauchen lassen, während die Osterburger Mücken einen perforierten).
Da man so nach spätestens 2 Tagen dem Lagerkoller erlegen wäre, gab es natürlich auch freie Einheiten, in denen die Teilnehmenden sich entspannen, die Wunden lecken, die Gegend erkunden oder (wenn nötig) sich weiterem Training in populären Kampftechniken wie Federball und Jackie-Dee hingeben konnten.
Die Trainingseinheiten bei Grandmaster Rodel Dagooc waren erfrischend anders als das, was man so üblicherweise bei Lehrgängen des DAV machte. Sein etwas holperiges Englisch war für die meisten doch recht verständlich und mit seinem charmanten “no problem!” hatte er uns bald in seinen Bann gezogen. Es war überaus eindrucksvoll, zu sehen, wie philippinisch der Grandmaster sich bewegte, mit welcher Geschwindigkeit und Dynamik er Techniken und Schläge zeigen konnte, zumindestens jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, als er sich entschuldigte, er könne mit seinem Arm, den er vor einigen Wochen in einem Motorradunfall verletzt hatte, nicht so schnell arbeiten, wie er es sonst täte. Dann wehte der Wind des Erstaunens durch die Gruppe und jeder wollte unbedingt glauben, dass man ihn auf den Philippinen sonst eigentlich “Smoking Sticks” nennt.
Mit viel Schmackes trainierten wir nun bei ihm Techniken und Kombinationen, die wir in mancher Form noch nicht so kannten, wurden auf die spezielle Körperdynamik aufmerksam, die hierbei wichtig ist und vergossen so den einen oder anderen Liter Schweiß (den wir mit den gratis bereitgestellten Getränken natürlich spielend wieder nachfüllen konnten). Mit “Wan, Tuh, Tree, ... Continue, continue, continue!” waren einige Einheiten vielleicht ein bischen militärischer als wir es gewohnt sind, aber dafür umso mitreißender, anstrengender und spaßiger. Außer neuen Techniques und Movements lernten wir auch das eine oder andere Wort in Tagalog und vor allem einen netten Mensch und wunderbaren Kampfkünstler kennen und schätzen.
Im Rückblick auf die letzte Zeit im PSV konnte unsere Gruppe sich technisch überaus gut in die Ränge der DAVler einordnen und das Training und die Veranstaltungen und Besuche von Lehrgängen hatten uns gut vorbereitet. Die Modern Arnis Sparte des PSV strahlt nun mit zwei Danträgern, von denen Karsten Block (Lakan Isa, 1. Dan) seine Prüfung auf dem Sommerlager abgelegt hat und von der Versammlung der Trainer den traditionellen Schlag und den Gürtel verliehen bekam. Conny Tietjen-Bruns (Dayang Isa, 1. Dan) hatte ihre Danprüfung als erste PSVlerin letztes Jahr bei einem Lehrgang beim Bundestrainer bestanden. Die Sparte hat bereits drei weitere Kandidaten für einen Schwarzgurt in petto, die ihre Prüfungen im Laufe der nächsten Zeit ablegen wollen.
Das Internationale Sommerlager des DAV hat uns gezeigt, das Bremen auf einem sehr guten Level auf der Landkarte des Modern Arnis anzusiedeln ist, der Dank dafür geht an die Trainer der Sparte, insbesondere Michael Sawatzki, der uns trotz Krankheiten und Zipperlein so gut wie möglich hilft und unterstützt.
Natürlich bieten wir auch weiterhin Training für alle Klasen an (ja, Klasen mit einem “s” - so heissen bei uns die Graduierungen), mit den altbewährten und vielen durch das Sommerlager neuen und spannenden Inhalten. Sowohl für Anfänger und Neulinge, als auch für Kampfsportler, die ihren Horizont noch um die vielfältigen Techniken und Prinzipien des Modern Arnis erweitern oder einfach nur mal über den Rand ihres Tellers hinausschauen wollen. Surft einfach mal die Arnissparte auf unserer Website (http://www.polizeisv.de/) an, ruft uns an oder schaut einfach mal in unserem Dojo vorbei (zum Zugucken oder Mittrainieren).
Bastian Kinne